Epilog
Wenn Abmahnanwälte zu weit gehen

18.3.2012

Ein ehemaliger GRAVIS-Mitarbeiter (der lieber anonym bleiben möchte) mailt mir, dass ein solcher Umgang wie hier beschrieben, nicht nur mit Kunden, sondern auch mit Mitarbeitern üblich sei. Zitat aus dem EMail: "Kopf in den Sand, zu keinem Gespräch bereit". So waren Unternehmen noch nie auf Dauer erfolgreich.

Da passt ins Bild, dass Gravis bereits Anfang 2012 bis zu 130 Stellen abgebaut hat. Bei insgesamt etwa 700 Mitarbeitern bedeutet das eine Schrumpfung um 15..20 Prozent. Von den noch ein Jahr früher geträumten Wachstumsplänen ist demnach wohl nichts übrig – wer will schon in ein Unternehmen mit einer solchen Führung investieren.

Mir tun die entlassenen Mitarbeiter leid. Die Top-Manager des Unternehmens, wo die Probleme zumindest mit verursacht werden, sind bedauerlicherweise noch nicht betroffen. Es ist insbesondere für den Vorstandsvorsitzenden Archibald Horlitz ein Armutszeugnis, dass sein für den Endkundenmarkt einst gut aufgestelltes Unternehmen schrumpft, während der Apple-Markt boomt.

21.9.2012

In Sindelfingen eröffnet ein Apple Store. Gut für die Apple-Kunden, gibt es doch nun eine Alternative zu GRAVIS.

18.12.2012

GRAVIS gibt bekannt, dass der Mobilfunkprovider mobilcom-debitel die GRAVIS Computervertriebsgesellschaft mbH übernehmen will. Man hat also doch noch einen Investor gefunden, allerdings einen, der selbst die Kontrolle will. Ich bin gespannt, welches Verständnis man bei mobilcom-debitel vom Umgang mit Kunden hat...

Dezember 2012

Im Netz lese ich über illegale Abmahnungen, z. B. den Fall des Berliner Anwalts G. S., gegen den inzwischen ein Strafverfahren läuft. Schon im Jahr 2009 hat ein Blogger Strafanzeige gegen einen anderen Anwalt gestellt, der sich mit Abmahnungen bereichert hatte, was allerdings nicht zu einem Strafverfahren führte. Ein noch älteres zivilrechtliches Urteil aus dem Jahr 2007 kommt zu dem Schluss, dass eine unberechtigte Abmahnung zur Schadensersatzpflicht führt.

14.1.2013

Angeregt dadurch – und obwohl ich durch die Lektüre weiß, dass die Latte für die Strafbarkeit einer Abmahnung hoch liegt – stelle ich bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafanzeige gegen Herrn Horlitz und seinen Rechtsanwalt Herrn G. wegen versuchten Betrugs, Nötigung und Erpressung. Begründung in Kurzform: Beide wussten (oder hätten wissen müssen), dass der abmahnungsgegenständliche Unterlassungsanspruch nicht besteht. Sie haben also nur abgemahnt, um mich unter Druck zu setzen und einen rechtswidrigen Vorteil zu erlangen.

26.1.2013

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart teilt mir das Aktenzeichen des Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Rechtsanwalt G. und Herrn Horlitz mit. Jetzt bin ich gespannt, ob das Verfahren auch zu einer Anklage führt...

28.6.2013

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart will das Verfahren einstellen. Kurzfassung der Begründung: Selbst wenn ein Anwalt lügt wie gedruckt und dafür Geld will, ist das weder versuchter Betrug noch Nötigung, sondern nur eine "unterschiedliche Rechtsauffassung". Gegen die Einstellung des Verfahrens lege ich am 11.7. Beschwerde ein: Herr Rechtsanwalt G. hat eben nicht eine notfalls vertretbare, abweichende Rechtsauffassung geäußert. Er hat vielmehr offensichtlich unwahre Tatsachen behauptet, um mich unter Druck zu setzen und zu schädigen, so meine Begründung.

25.7.2013

Meine Beschwerde wird abgelehnt: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart stellt das Verfahren ein. Dagegen könnte ich nur noch mit Anwalt vor dem Oberlandesgericht klagen, was mir zu riskant erscheint.

Fazit

Nimmt man an, dass die Staatsanwaltschaft zumindest nicht grob rechtswidrig gehandelt hat, indem sie das Verfahren eingestellt hat, dann heißt das in letzter Konsequenz: Anwälte dürfen bei Abmahnungen (aber wohl auch sonst) lügen, dass sich die Balken biegen. Sie dürfen das selbst dann, wenn es erkennbar nur darum geht, einzuschüchtern und sich rechtlich nicht durchsetzbare Vorteile zu verschaffen. Dass dadurch sogar Grundrechte ausgehöhlt werden sollen, wie in diesem Fall mein Recht auf freie Meinungsäußerung, scheint niemanden zu kümmern.

Konkret haben wir demnach ein Rechtssystem, das einerseits kostenpflichtige Abmahnungen zulässt, andererseits deren offensichtlichen Mißbrauch zur Einschüchterung des Vermeintlich Schwächeren nicht mal in Extremfällen ahndet. Ein solches Rechtssystem wird meiner Meinung nach dem Anspruch des Rechtsstaats, dass für alle gleiches Recht gelte, nicht mehr gerecht. Mindestens die folgenden zwei Punkte müssten dringend anders gesetzlich geregelt werden, als sie es heute sind:

  • Kostenbewehrte Abmahnungen dürfen erst dann zulässig sein, wenn eine form- und kostenlose Aufforderung zur Unterlassung einer Rechtsverletzung innerhalb einer angemessenen Frist erfolglos bleibt.
  • Wer als Anwalt (ausgebildeter Jurist und Organ der Rechtspflege!) eine völlig unhaltbare Rechtsposition mit frei erfundenen Tatsachenbehauptungen vertritt, muss strafrechtlich verfolgt werden können.

Wir Bürger müssen uns für solche Weiterentwicklungen unseres Rechssystems einsetzen, wollen wir den Rechtsstaat nicht langsam aber sicher beerdigen. Die Reichen und Mächtigen fahren gut wie es ist: Sie können sich Anwälte aus der Portokasse leisten. Um so besser, wenn denen dann alle Mittel – auch unlautere – zur Verfügung stehen, um ihre Interessen zu verfolgen.

Mir bleibt als kleine Genugtuung, dass dieser Blog noch online ist, obwohl GRAVIS ihn nicht mag. Und dass Herr Vorstandsvorsitzender Horlitz samt seinem Anwalt Herrn G. mit Amateurmitteln geschlagen wurde. In diesem Sinne: Wehrt Euch, wenn das Recht auf Eurer Seite ist!

 

Zurück zu Teil 4...

Zurück zur Startseite...