Abmahnung
oder
GRAVIS und der Verbraucherschutz

8.12.2009

Offenbar ist GRAVIS die Kritik in diesem Blog so peinlich, dass man mit juristischen Winkelzügen dagegen vorzugehen versucht. Heute flattert mir per Einschreiben mit Rückschein eine Abmahnung von den Haus- und Hofanwälten von GRAVIS ins Haus: Ich soll einen vierstelligen Eurobetrag an die Anwälte zahlen und eine Erklärung unterschreiben, nach der ich auf eine Reihe meiner Rechte verzichte und mich gegenüber GRAVIS und einigen GRAVIS-Mitarbeitern ggf. zu Schadenersatz in nicht näher festgelegter Höhe verpflichte. Die genannte Frist (11.12.2006) ist kurz, mein Gewissen rein, aber beunruhigt.

Vorsichtshalber entnehme ich dem anwaltlichen Schreiben den möglichen Wunsch von Herrn H... und Frau B..., ihren vollen Namen in diesem Blog nicht genannt zu sehen. Natürlich entspreche ich diesem Wunsch noch am gleichen Tag und werde mich auch in Zukunft daran halten. Eine Abmahnung (oder den Versuch einer solchen) hätte es dazu nicht gebraucht - das hätten die beiden GRAVIS-Mitarbeiter auch einfacher haben können.

Ansonsten kann ich nicht mal nachvollziehen, von wem, ob überhaupt und wozu der Anwalt bevollmächtigt wurde. Daher geht noch am gleichen Tag ein entsprechender Einschreibbrief an die Anwaltskanzlei zurück. Sehr wahrscheinlich ist die Abmahnung damit juristisch unwirksam.

Ein kurzer EMail-Wechsel mit Herrn Horlitz zum Thema der Abmahnung zeigt mir, dass er meine Zurückweisung der Abmahnung für einen "Trick" hält, um Zeit zu gewinnen. Selbst wenn dem so wäre, könnte man sich fragen, warum GRAVIS und Herr Horlitz sich bei der Lösung des Problems als so fantasielos erweisen. Ich jedenfalls habe von Anfang an - ganz im Gegensatz zu GRAVIS - mit Fakten und offenen Karten gespielt. GRAVIS hätte daher monatelang Gelegenheit gehabt, seine Haltung den Fakten anzupassen oder wenigstens formlos die eine oder andere Änderung am Blog zu fordern.

18.12.2009

Ich erhalte einen weiteren Brief vom GRAVIS-Anwalt. Darin finden sich die Bevollmächtigungen, die bei der Abmahnung gefehlt haben. Natürlich passt dem Anwalt gar nicht, dass seine Abmahnung unwirksam ist. Er versucht dies mit einer wettbewerbsrechtlichen Argumentation zu entkräften und übersieht dabei geflissentlich, dass er einen privatrechtlichen Anspruch behauptet hat.

Obwohl damit eine rechtswirksame Abmahnung möglicherweise immer noch nicht vorliegt, fange ich an, über eine angemessene inhaltliche Reaktion auf die erhobenen Forderungen nachzudenken. Diese Forderungen laufen im Wesentlichen auf die folgenden beiden Punkte hinaus:

  1. Ich solle die angeblich unbefugte Veröffentlichung von emails, Briefen und Dokumenten (u. a. Ausgabebeleg vom 19.9.2008) unterlassen, die ich von GRAVIS erhalten habe
  2. Ich solle Herrn H... nicht mehr in der Öffentlichkeit als Mitarbeiter von GRAVIS benennen

Zum ersten Punkt ist interessant, dass der Anwalt weite Teile seiner Begründung für die Abmahnung aus einem Urteil des Landgerichts Köln abgeschrieben hat. Ungeschickt ist nur, dass der dort entschiedene Fall sich nicht um emails gedreht hat, die vom berechtigten Empfänger veröffentlicht wurden. Vielmehr ging es da um interne, teilweise explizit als vertraulich gekennzeichnete emails eines Unternehmens, die der Abgemahnte auf dubiosen Wegen beschafft und veröffentlicht hat. Lässt man diesen offensichtlich unbegründeten Teil der Abmahnung weg, dann bleibt fast nichts mehr übrig ... und das hätte man natürlich viel einfacher und kostengünstiger regeln können. Warum nur hatte GRAVIS daran offensichtlich kein Interesse?

Die Begründung der Abmahnung macht deutlich, was GRAVIS von Verbraucherschutz - insbesondere durch freien Zugang zu Informationen wie diesem Blog - hält. Zitat:

"Ein den Geheimhaltungsinteressen unserer Mandanten gegenüberstehendes überwiegendes Interesse zur Veröffentlichung können wir hier nicht feststellen."

GRAVIS würde also seine dubiosen Geschäftspraktiken - oder zumindest die Belege dafür - gern geheimhalten. Kann man ja verstehen, zumal GRAVIS bekanntlich ohnehin keine Fehler macht. An anderer Stelle schreibt der GRAVIS-Anwalt, scheinbar beiläufig, so, als gäbe es da gar keinen Raum für andere Meinungen:

"Da Ihr Beitrag auch keine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage behandelt, ..."

Verbraucherschutz ist also für GRAVIS keine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage. Spätestens jetzt muss sich niemand mehr wundern, wie er von GRAVIS behandelt wird: GRAVIS will nur unser Bestes - unser Geld nämlich. Danach und darüber hinaus werden unsere berechtigten Interessen mit Füßen getreten - und man soll sich dagegen nicht mal wehren dürfen.

21.12.2009

Ich stelle meine Sicht auf die Rechtslage in meiner Antwort an den Anwalt dar. Wenn man genau hin schaut, bleibt von den erhobenen Forderungen nichts übrig. Natürlich gebe ich weder die Unterlassungserklärung ab noch zahle ich die Anwaltskosten. Stattdessen setze ich meinerseits Frist, die behaupteten Unterlassungsansprüche fallen zu lassen.

Jetzt warte ich gespannt darauf, was GRAVIS als nächstes unternimmt. Um den ohnehin lädierten Ruf nicht weiter zu schädigen, wäre einlenken eine gute Idee. Ob GRAVIS diese Kehrtwende hin zu einem Mindestmaß an Kundenfreundlichkeit schafft, scheint mir angesichts der Vorgeschichte allerdings sehr fraglich. Klage gegen mich ist jedenfalls schon angedroht...

26.7.2010

Bisher hat GRAVIS auf mein Schreiben vom 21.12.2009 nicht reagiert. GRAVIS lässt den angeblichen Unterlassungsanspruch also nicht fallen, hat mich aber bisher auch nicht verklagt. Nach gut einem halben Jahr ist damit endgültig klar, dass nicht die Dringlichkeit für die kurze Fristsetzung bei der Abmahnung ausschlaggebend war. Vielmehr ging es offensichtlich nur darum, mich so unter Druck zu setzen, dass mir zum Nachdenken keine Zeit bleibt. Überrumpelungstaktik nennt man sowas landläufig.

Gelegentlich habe ich in den vergangenen Monaten Mail von anderen GRAVIS-Kunden erhalten, denen ähnliches widerfahren ist wie mir. Mein Blog wird also gelesen – leider in diesen Fällen erst, wenn es schon zu spät ist. Ich hoffe ja, dass die Veröffentlichung meiner Erfahrungen andere potentielle GRAVIS-Kunden vor Schaden bewahrt ... also mailt ruhig mal, wie dieser Blog Eure Entscheidungsfindung beeinflusst hat.

Ich selbst habe inzwischen zusätzlich einen iMac gekauft – natürlich nicht bei GRAVIS. Statt dem Verunsicherungspaket von GRAVIS habe ich mich diesmal für Apple Care entschieden.

28.12.2010

Schon seit einiger Zeit funktioniert bei unserem MacBook Pro die Tastaturbeleuchtung nicht mehr richtig. Das SuperDrive brennt die meisten Rohinge nicht mehr und hat sogar gelegentlich beim Lesen von DVDs Probleme. Und die linke Verriegelung für das zugeklappte Display ist auch immer noch defekt. Da die Garantie bald abläuft, muss der Rechner also ein letztes Mal zu GRAVIS nach Stuttgart. Dort gibt es zum ersten Mal ein positive Überraschung: Das Gerät muss nicht – wie bisher bei Reparaturen im Rahmen des GRAVIS Safety Pack Plus (GSPP) – nach Berlin geschickt werden, sondern kann vor Ort repariert werden. Als der GRAVIS-Techniker bei der Annahme die Worte "Überprüfung" und "Flüssigkeit" fallen lässt, werde ich schon wieder nervös...

30.12.2010

Anruf von GRAVIS: Die Reparatur ist fertig. So schnell und unkompliziert kann das also sein – eine ganz neue Erfahrung. Bei der Abholung am gleichen Tag zeigt sich: Tatstatur und SuperDrive wurden ausgetauscht, die Verriegelung nicht: Sie fällt leider nicht unter's GSPP. Man hat aber den Verschluss so nachjustiert, dass er wieder mit geringeren Spaltmaßen schließt. Insgesamt aus meiner Sicht OK.

Wenn das bei GRAVIS immer so wäre – oder man wenigstens bereit wäre, Fehler zuzugeben – dann könnte ich mich mit dem Laden evtl. doch wieder anfreunden. Im Moment fehlt dazu eindeutig eine klare Entschuldigung aus Berlin. GRAVIS in Stuttgart hat seither ohnehin nur als Überbringer schlechter Nachrichten aus Berlin gearbeitet.

 

Epilog – wenn Abmahnanwälte zu weit gehen

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